Hätte nicht jeder gerne, daß das eigene Kind im sozialen Umfeld bestens integriert ist und voller Tatendrang und Selbstvertrauen durch's Leben stolziert? Ein Kind, das einerseits ein paar gute Freunde zum Spielen, Austauschen und Schabernack treiben hat, andererseits aber auch Hobbys, denen es glücklich nachgeht?
Was aber, wenn man immerzu das Gefühl hat, man müsste sein eigenes Kind stets zum Glück zwingen? Ein Kind, das sich entweder eher zurückzieht und sich vor anderen verschließt oder andererseits so auffällig ist, daß es in jeder Gruppe schnell gemieden wird?
Eines vorweg:
Es gibt nun einmal Kinder, die der Gruppensituation nicht gewachsen sind. Wer kennt ihn nicht, den berühmten "Jetzt unternimm doch mal was mit den anderen Kindern"-Satz.
Haben Sie den eventuell als Kind auch ab und an von Ihren Eltern oder Verwandten gehört? Erinnern Sie sich daran zurück, wie sich alles in Ihnen danach gesehnt hat mitzumachen, Sie aber nur gehemmt herumgestanden sind und sich nicht getraut oder sogar Angst davor hatten.
Und, wie haben Sie sich gefühlt? Wahrscheinlich werden Sie bestätigen können, daß dieser Satz bei Ihnen mehr Schaden angerichtet hat, als daß er irgendwie genutzt hätte..
Niemand möchte in so einer Situation gerne zu etwas gedrängt werden.
Ein Kind, das sich ohnehin „ausgeschlossen“ fühlt, will mit Sicherheit vieles in dieser Situation (z.B. akzeptiert und nicht ausgeschlossen werden).
Von seinen Eltern zum Spielen aufgefordert und damit unter Druck gesetzt werden mit Sicherheit aber NICHT.
Welche Faktoren spielen eine Rolle?
1) Erziehungsverhalten
Kinder werden nicht nur abgelehnt, weil Sie zu ruhig, unselbständig oder duckmäuserisch sind, sondern auch beim genauen Gegenteil: wenn sie egoistisch, unsozial oder zu bestimmend sind.
Beides Extreme, für die viele Eltern sogar eine große Mitschuld tragen. Kinder bekommen allzu oft gar nicht die nötige Zeit, sich schrittweise zu entwickeln.
Stattdessen nehmen ihnen die Eltern alles ab und verhätscheln sie so lange, bis das Kind entweder selber zu gar nichts mehr in der Lage ist oder sich aufführt wie ein kleiner Diktator.
Glauben Sie nicht? Dann gehen Sie einfach einmal auf den Spielplatz, beobachten Sie die anwesenden Kinder und zählen Sie leise mit, wie oft sich Eltern durch "Pass auf, sonst tust du dir noch sehr sehr weh" bis zu "Jetzt ist aber mal mein Kind an der Reihe" oft nur unnötig einmischen.
Tipp:
Selbständigkeit ist das Zauberwort.
Unterstützen Sie Ihr Kind so viel wie nötig, aber lassen Sie ihm so viel Raum wie möglich zum Entfalten. Kinder müssen sich erst selber finden und eigene Strategien entwickeln, um sich sicher im Sozialverhalten zu zeigen.
2) Körperliche Merkmale
Wer an seine eigene Kindheit zurückdenkt wird sich wahrscheinlich gut daran erinnern können, wie grausam Kinder sein können, wenn es um körperliche Aspekte geht.
Sobald ein Kind "anders" sein zu scheint, ist es schon das „perfekte Opfer“. Da wird der Hammer ausgepackt und alles niedergemacht, was irgendwie zu dick, dünn, groß, klein, unsportlich oder vielleicht auch zu schüchtern ist. Und ehe man sich versieht findet man sich selbst am Rand der Gruppe wieder.
Noch banaler, aber genau so wichtig: Auch Statussymbole wie Kleidung, Handy, etc. spielen vor allem in jungen Jahren verstärkt eine Rolle.
Tipp:
Alles was in Ihrer Macht liegt und Sie selber beeinflussen können, sollten Sie auch unbedingt in Angriff nehmen.
Themen wie Übergewicht können u.a. gezielt angegangen werden, indem die gesamte Familie Wert auf eine gesündere Ernährung legt.
Themen wie die Kleidung können oft ganz einfach von Ihnen abgestimmt werden, indem Sie vorher abchecken, was der Durchschnitt im Kindergarten oder der Schule trägt (schicken Sie als bayerische Eltern Ihre Kinder nicht in traditioneller Tracht in die Schule, wenn alle anderen kurze Hosen tragen).
3) Familienregeln
Was sich innerhalb der Familie als durchaus logisch anfühlen mag, legt Kindern im sozialen Umfeld oft Steine in den Weg.
Wenn Eltern z.B. den Umgang mit Handy oder PC stark einschränken oder ganz verbieten, wie soll das Kind dann in der Schule an Gesprächen teilhaben, wenn die Schulkameraden sich ausgelassen darüber unterhalten?
Oder wie viele Kinder dürfen z.B. nicht alleine mit den Freunden zum Spielplatz, aus Angst der Eltern, es könnte etwas passieren? "Worst case", wenn man dann auch noch das einzige Kind aus der Truppe ist, das nie alleine mit darf.
Das Schlimme an der Situation ist ja eigentlich, daß man sich als Kind ausgegrenzt fühlt, aber selber aktiv an der Situation gar nichts ändern kann, solange die Eltern die Familien-Regeln beibehalten.
Tipp:
Vermuten Sie nicht immer gleich eine Untergrabung Ihrer Autorität, wenn Ihr Kind gegen Familien-Regeln Protest einlegt. Mag sein daß es sinnvolle Regeln wären, aber oft genug erdrücken Sie das Kind einfach unnötig.
Evaluieren Sie von Zeit zu Zeit die Folgen Ihres Konzeptes. Oft hilft ohnehin bereits eine kleine Lockerung der aufgestellten Regeln, um die Situation Ihres Kindes erheblich zu verbessern.
4) Versager VS Streber
Vor allem ab dem Schulalter beginnt die eigentlich grausame Zeit. Wer kennt Sie nicht, die "Versager" und die "Streber" der Klassengemeinschaft.
Die Streber wollte man früher nie um sich haben, weil man ständig das Gefühl hatte, daß Sie einem überlegen wären. Die "Versager" hingegen wollte man nicht um sich haben, weil....na weil man lieber darüber gespottet und sich dadurch auch einmal schlau und überlegen gefühlt hat.
Was man dabei nie bedacht hat, ist die Gefühlswelt dieser beiden Gruppen.
Egal ob über- oder unterdurchschnittlich begabt: In beiden Fällen kann das Pendel auch in beide Richtungen ausschlagen: einerseits ein aggressives, teils unkontrollierbares Verhalten, andererseits ein totaler Rückzug ins eigene Schneckenhaus.
Tipp:
Suchen Sie vor allem ab dem Schulalter bei Bedarf frühzeitig die Hilfe der beteiligten Lehrer auf.
Finden Sie heraus, wo genau die Probleme Ihres Kindes liegen und gehen Sie aktiv – zumindest soweit möglich - dagegen vor.
Denken Sie IMMER daran, daß jedes Kind sein individuelles Lerntempo hat.
Versuchen Sie Ihr Kind zu fördern, falls es mit dem Lerntempo in der Schule nicht mithalten kann. Ebenso versuchen Sie es zu fordern (bzw. bitten Sie die Lehrkräfte darum), wenn es leistungstechnisch über dem Durchschnitt liegt.
Und wenn gar nichts mehr hilft: Denken Sie darüber nach, ob es nicht eine geeignetere Schule für Ihr Kind gibt!
Muss ich mir immer gleich Sorgen um mein Kind machen?
Natürlich nicht. Vor allem im Kita Alter lernen Ihre Grenzen auszuloten und testen, welches Verhalten man an den Tag legen kann/ soll.
Wenn ihre Kinder die ersten Bewegungsversuche in der sozialen Welt unternehmen, nehmen sie dabei verschiedene Rollen - je nach Gruppenzusammensetzung vom dominanten Kind bis zum Außenseiterkind – ein. Würfelt man die Gruppe nach 2 Wochen mit neuen Kindern komplett durch, dann kann es leicht passieren, daß Ihr Kind auch plötzlich eine ganz andere Rolle einnimmt als zuvor.
Auch im Alter von 5 bis 8 Jahren ist es normal, wenn sich Kinder manchmal zurückziehen und für sich allein sein wollen. Lassen Sie Ihrem Kind ruhig diese Phasen. Je mehr Sie versuchen Ihrem Kind soziale Kontakte aufzudrängen, desto mehr wird es sich ohnehin nur noch weiter abkapseln.
Was also tun, wenn ICH merke, daß sich Mein Kind immer weiter an den Rand der Gruppe begibt oder gar kein Interesse an sozialen Kontakten zeigt?
Aktiv können Sie unter anderem das Gespräch mit Ihrem Kind, mit Lehrern und Betreuern oder vor allem auch mit professionellen Anlaufstellen suchen.
Das Wichtigste aber ist, daß Sie alles dafür tun Ihrem Kind Vertrauen zu schenken und ihm Wege aufzeigen, das eigene Selbstvertrauen zu steigern.
Der Weg zu mehr Selbstbewusstsein
- Vermitteln Sie Ihrem Kind Vertrauen und Sicherheit, indem Sie ihm zeigen, daß Sie stets hinter ihm stehen und ihm (bedingungslos) vertrauen.
- Versuchen Sie stets, die Meinung Ihres Kindes zu akzeptieren. Ihr Kind darf Ihnen ruhig einmal widersprechen und Ihnen sagen, was es will.
- Lassen Sie Ihr Kind so früh wie möglich Selbständigkeit entwickeln und unterstützen Sie nur so viel wie nötig. Trauen Sie Ihrem Kind zu, eigenständig Aufgaben zu lösen und Verantwortung zu übernehmen. So lernt Ihr Kind auf sich selbst und die eigenen Fähigkeiten zu achten und steigert damit sein Selbstbewusstsein.
- Geben Sie Ihrem Kind genügend Freiräume, um abseits der Eltern Selbstvertrauen zu entwickeln.
- Nehmen Sie die Gefühle Ihres Kindes ernst.
- Versuchen Sie, nicht ständig für Ihr Kind zu denken und Entscheidungen zu treffen.
- Sagen Sie ruhig Ihre Meinung, wenn Sie anders denken, aber versuchen Sie nicht, Ihrem Kind Ihre Meinung aufzudrücken.
- Heucheln Sie niemals Interesse, Ihr Kind wird Sie sowieso durchschauen. Zeigen Sie, falls zutreffend, echtes Interesse oder sagen Sie im bestimmten Fall auch einmal, daß Sie dafür nicht der geeignete Gesprächspartner sind.
- Für Ihr Kind nicht nur das perfekte Elternteil zu spielen, sondern Ihr Kind u.a. auch an den Schwächen teilhaben zu lassen, ist eine unglaublich wichtige Erfahrung.
- Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, eigene Interessen zu verfolgen (z.B. Hobbys). Für eine Sache zu „brennen“ und diese unabhängig von anderen Personen zu verfolgen, stärkt das Selbstvertrauen
Wie sich ein KuraufenthalT darauf auswirken kann?
Um eines klarzustellen: Nein, wir wollen hier nicht vorschlagen WEGEN einem Kind in der Aussenseiterrolle ein Kur anzutreten.
Wir wollen lediglich die positive Effekte ansprechen, die ein Kuraufenthalt auf Ihr Kind haben kann, für den Fall, daß Sie ohnehin schon einen geplant haben. Nehmen Sie sich oben genannte Punkte zu Herzen und schauen Sie, wie Sie Ihrem Kind damit auf Kur neue Impulse geben können.
- Zu Beginn einer Kur gibt es nicht den Coolen von der Schule, keine festgefahrenen Gruppierungen und schon gar keine Hänseleien, wegen irgendwelchen Vorgeschichten.Für alle Kinder ist die Situation ungewohnt und alle Kinder sind auch nur für den kurzen Zeitraum von 21 Tagen vor Ort.Wenn man Einrichtungen mit wöchentlicher Anreise hat, dann hat man nicht einmal eine konstante Gruppenbelegung über die Zeitdauer des Kuraufenthaltes.Sicher könnte man das jetzt negativ sehen „wenn mein Kind schon einmal eine(n) FreundIn gefunden hätte“.Wir sehen es jedoch sehr positiv: Die Karten werden stets neu gemischt und wer weiß, vielleicht entdeckt Ihr Kind durch den übermäßigen Kinderkontakt ja noch eigene Kompetenzen, von denen es vorher gar nichts gewusst hatte
- Je nach Alter des Kindes können Aufgaben auf das Kind übertragen werden („besorge bitte Waschmarken an der Rezeption“, „bring deine Geschwister zur Kindergruppe“, etc.).
- Nutzen Sie das Angebot der Einrichtung, damit Ihr Kind evtl. ein neues Hobby entdeckt.
- Fährt Ihr Kind gerne Mountainbike? Wie wäre es damit, einen Kuraufenthalt im Gebirge zu verbringen und dort vielleicht sogar einen Bikepark zu besuchen?
- etc.
Führen Sie die Liste einfach beliebig weiter. Sie wissen nun worauf es ankommt.
Fazit:
Soziale Kontakte und Kompetenzen aufzubauen ist zweifellos wichtig. Sie können die entsprechenden Fähigkeiten Ihres Kindes dahingehend fördern, indem Ihr Kind in einem freundlichen und positiven Erziehungsklima aufwächst.
Viel wichtiger ist aber noch, daß sich Ihr Kind ein positives Selbstbewusstsein aufbaut. Je selbstbewusster Ihr Kind aufzutreten lernt („Ich weiß wer ich bin, ich komme notfalls auch alleine klar“), desto weniger können Ihrem Kind negative Auswirkungen von sozialen Kontakten anhaben.